SSV Ulm meldet Insolvenz an

Martin Hörmann, der SSV Ulm spielte vor zehn Jahren noch in der Bundesliga. Nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens muss der Klub nun in die Oberliga absteigen. Was ist passiert?
Es ist eine Verkettung von verschiedenen Dingen. Fangen wir mal Ende der neunziger Jahre an. Damals legte der SSV Ulm einen furiosen Durchmarsch von der Regional- in die Bundesliga hin. Der Verein war überall präsent. Erinnert sei nur an den legendären Auftritt vom damaligen Trainer Ralf Rangnick im Sportstudio, bei dem er die Viererkette erklärte.
Danach ging es stetig bergab.
Auf den sportlichen Abstieg in die 2. Liga folgte der Zwangsabstieg in die Verbandsliga, wobei die Insolvenz mit einem Insolvenzplan beendet werden konnte. Es wurde sogar ein paar Jahre ruhig, bis es 2007 beinahe zu einer erneuten Insolvenz gekommen wäre. Diese konnte nur verhindert werden, weil etwa die örtliche Sparkasse und die Stadt auf erhebliche Forderungen verzichteten.
Zugleich nahm das Image des SSV Ulm immer mehr Schaden.
Zwischenzeitlich wurde öffentlich, dass drei Ulm-Profis im Wettskandal verstrickt waren. Außerdem kam ans Tageslicht, dass Spieler, die arbeitslos gemeldet waren, einer Vollzeitbeschäftigung als Fußballer nachgingen. Der SSV Ulm war innerhalb von zwölf Jahren vom gehypten Erstligaaufsteiger zum unattraktiven Klub geworden, der in überregionalen Medien nur noch in Verbindung mit Skandalen stattfand.
Ist der SSV Ulm auch ein Exempel für das Dilemma der Regionalliga?
Durchaus. Der SSV Ulm konnte als Amateurverein weder genug Sponsorengelder akquirieren noch die kalkulierten Zuschauerzahlen erreichen, um in der Regionalliga zu bestehen. Das Team spielte mitunter vor 1000 Fans. Viel zu wenig! Und dabei hat Ulm nicht mal einen Kader, der besonders teuer ist. Anderen Regionaligisten geht es nicht anders. Auch die SpVgg. Weiden musste unlängst Insolvenz anmelden.
Im Gegensatz zur SpVgg. Weiden spielt der SSV Ulm die Saison noch zu Ende. Eine bis dato in der Regionalliga einzigartige Sache. Einige Vereine monieren nun, dass dies Wettbewerbsverzerrung sei. Wie sehen Sie das?
Ich kann den Groll der Vereine nachvollziehen, denn normalerweise werden die Insolvenzverfahren nicht in der Saison erröffnet. Weil es dieses Mal im laufenden Spielbetrieb geschah, wird es jetzt mehr oder weniger Freundschaftsspiele geben. Und Klubs wie Hessen Kassel fehlen nun die Punkte, die sie gegen Ulm geholt haben. Der SSV Ulm muss aber versuchen, die Saison in der Regionalliga zu Ende zu spielen, weil nach den Verbandsstatuten ein Neuanfang in der Oberliga nur dann gewährleistet ist, wenn die Regionalligasaison regulär zu Ende gespielt wird. Und für Ulm ist es ungemein wichtig, genau dort wiederanzufangen.
Wieso?
Weil in der Oberliga mit Waldhof Mannheim und dem SV Reutlingen attraktive Gegner warten und mit deutlich mehr Zuschauern gerechnet werden kann. Zudem verstehe ich einen Neuanfang in der Oberliga als Zeichen für die Jugend, die bei ihrer Vereinswahl auch darauf achtet, wo ihr Verein aktuell spielt. Die A- und B‑Junioren spielen ja aktuell in der Bundesliga – einzigartig bei einem Amateurverein.
Kann man dem SSV Ulm auch Misswirtschaft vorwerfen?
Nur bedingt. Sie müssen verstehen, dass die Leute hier alle ehrenamtlich arbeiten. Und da kommen wir am Ende zum Ei-Henne-Problem: Es gibt aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel keinen wirtschaftlichen Geschäfsführer, der mit Sponsoren verhandelt. Zugleich gibt es keine Sponsoren, die die finanziellen Mittel zur Anstellung eines Geschäftsführers ermöglichen.
Wie kann man in der Regionalliga aktuell überhaupt bestehen?
Da die Schere zwischen Profis und Amateuren immer extremer wird, braucht man heute einen Mäzen. Wenn man den nicht hat, wird es schwierig. Ob die Reform was bringt? Vielleicht. Allerdings muss auch die Frage gestellt werden, welchen Sinn es macht, stets gegen die 2. Teams der Profiklubs zu spielen – und die wird es auch nach der Reform geben.
Wie geht es nun mit der Mannschaft des SSV Ulm weiter?
In der Regionalliga ist sie nicht finanzierbar, sie wird auseinanderfallen. Doch wir nutzen die Monate bis Saisonende für die Suche nach potenten Sponsoren, um in der nächsten Saison einen Neuanfang in der Oberliga zu starten. Sollten keine neuen Sponsoren gewonnen werden ist allerdings auch eine Oberligasaison nicht finanzierbar.
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