SSV Ulm meldet Insolvenz an

Publish date: 2024-12-06

Martin Hör­mann, der SSV Ulm spielte vor zehn Jahren noch in der Bun­des­liga. Nach der Eröff­nung eines Insol­venz­ver­fah­rens muss der Klub nun in die Ober­liga absteigen. Was ist pas­siert?

Es ist eine Ver­ket­tung von ver­schie­denen Dingen. Fangen wir mal Ende der neun­ziger Jahre an. Damals legte der SSV Ulm einen furiosen Durch­marsch von der Regional- in die Bun­des­liga hin. Der Verein war überall prä­sent. Erin­nert sei nur an den legen­dären Auf­tritt vom dama­ligen Trainer Ralf Rang­nick im Sport­studio, bei dem er die Vie­rer­kette erklärte.

Danach ging es stetig bergab.

Auf den sport­li­chen Abstieg in die 2. Liga folgte der Zwangs­ab­stieg in die Ver­bands­liga, wobei die Insol­venz mit einem Insol­venz­plan beendet werden konnte. Es wurde sogar ein paar Jahre ruhig, bis es 2007 bei­nahe zu einer erneuten Insol­venz gekommen wäre. Diese konnte nur ver­hin­dert werden, weil etwa die ört­liche Spar­kasse und die Stadt auf erheb­liche For­de­rungen ver­zich­teten.

Zugleich nahm das Image des SSV Ulm immer mehr Schaden.

Zwi­schen­zeit­lich wurde öffent­lich, dass drei Ulm-Profis im Wett­skandal ver­strickt waren. Außerdem kam ans Tages­licht, dass Spieler, die arbeitslos gemeldet waren, einer Voll­zeit­be­schäf­ti­gung als Fuß­baller nach­gingen. Der SSV Ulm war inner­halb von zwölf Jahren vom gehypten Erst­li­ga­auf­steiger zum unat­trak­tiven Klub geworden, der in über­re­gio­nalen Medien nur noch in Ver­bin­dung mit Skan­dalen statt­fand.

Ist der SSV Ulm auch ein Exempel für das Dilemma der Regio­nal­liga?

Durchaus. Der SSV Ulm konnte als Ama­teur­verein weder genug Spon­so­ren­gelder akqui­rieren noch die kal­ku­lierten Zuschau­er­zahlen errei­chen, um in der Regio­nal­liga zu bestehen. Das Team spielte mit­unter vor 1000 Fans. Viel zu wenig! Und dabei hat Ulm nicht mal einen Kader, der beson­ders teuer ist. Anderen Regio­na­li­gisten geht es nicht anders. Auch die SpVgg. Weiden musste unlängst Insol­venz anmelden.

Im Gegen­satz zur SpVgg. Weiden spielt der SSV Ulm die Saison noch zu Ende. Eine bis dato in der Regio­nal­liga ein­zig­ar­tige Sache. Einige Ver­eine monieren nun, dass dies Wett­be­werbs­ver­zer­rung sei. Wie sehen Sie das?

Ich kann den Groll der Ver­eine nach­voll­ziehen, denn nor­ma­ler­weise werden die Insol­venz­ver­fahren nicht in der Saison err­öffnet. Weil es dieses Mal im lau­fenden Spiel­be­trieb geschah, wird es jetzt mehr oder weniger Freund­schafts­spiele geben. Und Klubs wie Hessen Kassel fehlen nun die Punkte, die sie gegen Ulm geholt haben. Der SSV Ulm muss aber ver­su­chen, die Saison in der Regio­nal­liga zu Ende zu spielen, weil nach den Ver­bands­sta­tuten ein Neu­an­fang in der Ober­liga nur dann gewähr­leistet ist, wenn die Regio­nal­li­ga­saison regulär zu Ende gespielt wird. Und für Ulm ist es unge­mein wichtig, genau dort wie­der­an­zu­fangen. 

Wieso?

Weil in der Ober­liga mit Waldhof Mann­heim und dem SV Reut­lingen attrak­tive Gegner warten und mit deut­lich mehr Zuschauern gerechnet werden kann. Zudem ver­stehe ich einen Neu­an­fang in der Ober­liga als Zei­chen für die Jugend, die bei ihrer Ver­eins­wahl auch darauf achtet, wo ihr Verein aktuell spielt. Die A- und B‑Junioren spielen ja aktuell in der Bun­des­liga – ein­zig­artig bei einem Ama­teur­verein.

Kann man dem SSV Ulm auch Miss­wirt­schaft vor­werfen?

Nur bedingt. Sie müssen ver­stehen, dass die Leute hier alle ehren­amt­lich arbeiten. Und da kommen wir am Ende zum Ei-Henne-Pro­blem: Es gibt auf­grund der feh­lenden finan­zi­ellen Mittel keinen wirt­schaft­li­chen Geschäfs­führer, der mit Spon­soren ver­han­delt. Zugleich gibt es keine Spon­soren, die die finan­zi­ellen Mittel zur Anstel­lung eines Geschäfts­füh­rers ermög­li­chen.

Wie kann man in der Regio­nal­liga aktuell über­haupt bestehen?

Da die Schere zwi­schen Profis und Ama­teuren immer extremer wird, braucht man heute einen Mäzen. Wenn man den nicht hat, wird es schwierig. Ob die Reform was bringt? Viel­leicht. Aller­dings muss auch die Frage gestellt werden, wel­chen Sinn es macht, stets gegen die 2. Teams der Pro­fi­klubs zu spielen – und die wird es auch nach der Reform geben.

Wie geht es nun mit der Mann­schaft des SSV Ulm weiter?

In der Regio­nal­liga ist sie nicht finan­zierbar, sie wird aus­ein­an­der­fallen. Doch wir nutzen die Monate bis Sai­son­ende für die Suche nach potenten Spon­soren, um in der nächsten Saison einen Neu­an­fang in der Ober­liga zu starten. Sollten keine neuen Spon­soren gewonnen werden ist aller­dings auch eine Ober­li­ga­saison nicht finan­zierbar.

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